Sencha - künstlerische Transformation des Alltäglichen
Die Farbraumkörper dieser Serie bestehen aus getrockneten und handgenähten Gaze-Teebeuteln, die japanischen Grüntee "Sencha" enthalten. Diese Beutel, ursprünglich Alltagsobjekte, werden durch die künstlerische Transformation zu Trägern von Bedeutung und Ausdruck.
Die künstlerische Technik, bei der pastöse Spachtelmasse auf die Teebeutel aufgetragen wird, erzeugt ene skulpturale Textur, die sowohl das Auge als auch den Tastsinn anspricht. Die Arbeiten scheinen zwischen Malerei und Skulptur zu schweben und fordern den Betrachter heraus, seine Wahrnehmung dieser Kategorien zu hinterfragen. Die Oberfläche der Werke, von der Spachtelmasse überzogen, schafft eine plastische Wirkung, die durch das Spiel von Licht und Schatten verstärkt wird.
Farblich variieren die Werke von intensiven Tönen wie Magenta, Blau und Rot bis hin zu subtileren Nuancen wie Melonengelb oder Grün. Jede Farbe erzeugt eine eigene emotionale Resonanz und gibt den Arbeiten einen spezifischen Charakter. Die leuchtenden Farben stehen im spannungsreichen Kontrast zur ruhigen, rasterartigen Struktur der Gaze-Teebeutel. Besonders auffällig sind die punktuellen Durchbrüche oder Erhebungen, oft in Form von kleinen, plastisch hervortretenden Kugeln. Diese Elemente wirken wie Brücken zwischen der flächigen und der skulpturalen Dimension der Werke.
Ein bemerkenswerter Teil dieser Werkgruppe ist in der Dauerausstellung des Rosenhag Museums in Weilburg an der Lahn zu sehen. Hier treten die Werke in einen Dialog mit der Architektur und den anderen Exponaten, wodurch ihre ästhetische und konzeptuelle Tiefe noch deutlicher hervortreten kann.
Die Entscheidung, Teebeutel als Basismaterial zu verwenden, hat auch eine tiefere symbolische Bedeutung. Teebeutel sind vergänglich, alltäglich und oft unscheinbar. Durch ihre Integration in die Kunstwerke wird ihnen ein neuer Wert verliehen, der die Themen Recycling, Verwandlung und die Wertschätzung des Einfachen aufgreift.
Die Serie "Sencha" spielt mit der Idee der Struktur und des Rasterhaften, das an minimalistische oder konstruktive Kunst erinnert, ohne jedoch deren Strenge zu übernehmen. Stattdessen wirkt die Struktur organisch und lebendig, was durch die handwerkliche Präzision und die individuelle Gestaltung jedes einzelnen Werkes unterstrichen wird. Der Einsatz von Farbe und Form erzeugt eine starke visuelle Dynamik, die den Betrachter in die Tiefen der Oberfläche und der dahinterliegenden Bedeutung zieht.
Durch die Einbindung von Materialien, die sowohl traditionelle als auch moderne Aspekte vereinen, schafft "Sencha" einen Raum für Reflexion über Kultur, Natur und die Schnittstellen zwischen diesen Bereichen. Der Werkzyklus ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie Kunst aus dem Alltäglichen etwas Außergewöhnliches schaffen kann, das zugleich poetisch und tiefgreifend ist. Die Werke laden ein, innezuhalten, zu betrachten und zu spüren, wie sich das Alltägliche durch künstlerische Transformation in etwas Außerordentliches verwandeln kann. Der Zyklus "Sencha" ist damit nicht nur ein Spiel mit Material und Form, sondern auch eine Meditation über den Wert der Dinge und die künstlerische Kraft, sie neu zu definieren.