+49 160 93 84 18 83

barbara.niesen@web.de

Edition Timpert

Vorlesen

Der Werkzyklus „Horizonte“ – Grenzen zwischen Natur und menschlicher Wahrnehmung

20 x 20 cm

40 x 40 cm

50 x 50 cm

60 x 60 cm

80 x 80 cm

100 x 100 cm

100 x 120 cm

120 x 150 cm

Barbara Niesen widmet sich in ihrem Werkzyklus „Horizonte“ der Erforschung der Grenzen zwischen Natur und menschlicher Wahrnehmung, wobei sie die unendliche Vielfalt und Schichtung von Farben, Texturen und Dimensionen in der Landschaft aufgreift. Ihre Arbeiten bewegen sich zwischen Abstraktion und einer strukturellen Annäherung an das Thema der Horizontlinie, die seit jeher eine symbolische Verbindung zwischen Himmel und Erde, Ferne und Nähe darstellt. Doch in diesem Zyklus schwingt eine tiefere Ebene mit: Die Werke greifen nicht nur visuelle Horizonte auf, sondern auch geologische – die sogenannten Erdhorizonte.

Barbara Niesens Werkzyklus wurde maßgeblich von einem Besuch des Tagebaus in Inden bei Düren inspiriert. Diese Region, gezeichnet von der massiven Veränderung der Landschaft durch den Abbau von Braunkohle, hinterließ einen tiefen Eindruck bei der Künstlerin. Der Tagebau legt geologische Schichten frei, die über Jahrmillionen entstanden sind – die sogenannten Erdhorizonte. Sie sind das Ergebnis natürlicher Prozesse wie Sedimentation, Verwitterung und Verdichtung und erzählen die Geschichte unseres Planeten. Diese Eindrücke fanden direkten Eingang in Niesens künstlerische Arbeit.

Die Mixed-Media-Technik, die Niesen einsetzt, reflektiert diese geologischen Prozesse. Mit Materialien wie Acrylfarbe, Sand, Textilien und Pigmenten erschafft sie Oberflächen, die den Eindruck von Sedimentschichten oder Erdschichten vermitteln. Ihre Arbeiten erinnern nicht nur an die sichtbare Landschaft, sondern auch an die verborgenen Tiefen, die das Fundament unseres Lebens bilden. Die Künstlerin integriert in ihre Werke Spuren und Strukturen, die die Prozesse des Abbaus, der Schichtung und der Transformation thematisieren.

Der Horizont in Niesens Arbeiten wird zu einer doppelten Metapher: Er steht einerseits für die klassische Linie, die Himmel und Erde trennt, aber auch für die unsichtbaren Schichten unter der Erdoberfläche – die Erdhorizonte. Diese Schichten symbolisieren nicht nur den natürlichen Aufbau der Erde, sondern auch den menschlichen Eingriff in die Natur. Der Tagebau in Inden zeigt eindringlich, wie der Mensch diese Horizonte durchbricht und gleichzeitig ihre Struktur freilegt.

In den kleinformatigen Arbeiten (20x20cm und 40x40cm) wird diese Fragmentierung besonders deutlich. Die horizontalen Schichtungen wirken wie Mikroschnitte durch die Landschaft, die sowohl die sichtbare Oberfläche als auch die darunter liegenden Sedimente offenbaren. Die geologische Dimension der Horizonte wird damit zum zentralen Motiv des Zyklus. Die Künstlerin zeigt, dass ein Horizont keine feste Grenze ist, sondern eine dynamische Zone des Übergangs und der Transformation.

Barbara Niesens Farbpalette und Texturen reflektieren die geologischen Einflüsse, die sie im Tagebau erlebt hat. Die warmen Ocker- und Brauntöne erinnern an die Erde, während kühle Blau- und Grüntöne die Atmosphäre und das Wasser symbolisieren. Besonders auffällig sind die Schichtungen, die an Sedimentablagerungen oder fossile Spuren erinnern. Die Künstlerin arbeitet mit Kontrasten: Grobe, reliefartige Oberflächen wechseln sich mit glatten, glänzenden Bereichen ab, die wie polierte Gesteinsschichten wirken.

Die Werke laden den Betrachter ein, die Geschichte der Erde im Detail zu erforschen. Die Schichtungen und Spuren erzählen von den Kräften der Natur – Erosion, Verdichtung, Bewegung – und verweisen gleichzeitig auf den menschlichen Eingriff. Gerade die Inspiration durch den Tagebau und die damit verbundene Zerstörung und Neugestaltung der Landschaft machen den Werkzyklus auch zu einem Die geologischen Horizonte – auch als Erdhorizonte bekannt – sind ein zentraler Aspekt dieses Zyklus. Sie bestehen aus unterschiedlichen Schichten, die verschiedene Bodenarten und -qualitäten repräsentieren. In der Bodenkunde stehen Erdhorizonte für die zeitliche Abfolge von Sedimentation und Veränderung, die über Jahrtausende hinweg durch natürliche Prozesse oder äußere Einflüsse entstanden sind.

In Niesens Werken wird diese Schichtung symbolisch dargestellt. Die horizontalen Bänder in den Gemälden erinnern an die Profile eines Bodens, wie sie im Tagebau sichtbar werden. Jede Schicht erzählt eine Geschichte: von Wachstum, Erosion, Zerstörung und Wiederaufbau. Die Schichtungen in den Werken laden dazu ein, über die Zeitlichkeit nachzudenken – über die Spuren, die die Natur hinterlässt, und über die Eingriffe des Menschen, die diese Horizonte unwiederbringlich verändern.

Der Tagebau in Inden hat Barbara Niesen nicht nur künstlerisch inspiriert, sondern auch eine Auseinandersetzung mit der Zerstörung und Neugestaltung von Landschaften angestoßen. Der Braunkohleabbau zeigt, wie der Mensch natürliche Horizonte durchbricht und in geologische Prozesse eingreift, die über Jahrmillionen entstanden sind. Gleichzeitig legt der Tagebau Horizonte frei, die normalerweise verborgen bleiben, und bietet so einen ungewöhnlichen Blick auf die Schichten der Erde.

Diese Dualität – Zerstörung und Offenlegung – findet sich in Niesens Arbeiten wieder. Die reliefartigen Oberflächen ihrer Werke erinnern an aufgebrochene Erdschichten, während die harmonische Farbkomposition die ästhetische Schönheit dieser Schichten feiert. Der Werkzyklus „Horizonte“ ist damit auch ein Kommentar auf die Verantwortung des Menschen gegenüber der Natur und auf die Frage, wie wir mit den Ressourcen und der Geschichte der Erde umgehen.